Um für immer un-sichtbar zu bleiben.
Irgendwo in meinem Hinterkopf lächelt er.
Es fing an mit dem Geruch und Geschmack von Besessenheit. Brennende, euphorische, alles zerfletschende Besessenheit. Ein dunkles, scharfes und machtvolles Strömen. Das absolute Eintauchen.
Ich muss schlecht sein, wenn so etwas in mir sitzt.
Ich fühle es, als hätte man mir eine elektrische Nadel ins Rückenmark gerammt. Ich will mich nach hinten verbiegen und in der Mitte zerbrechen.
Es reicht, es reicht, es reicht, es reicht, es reicht, es reicht, es reicht, es reicht, es reicht, es reicht, es reicht, es reicht, es reicht, es reicht, es reicht, - es fängt langsam an, jeglichen Sinn zu verlieren. Dann gehört es jetzt wohl zu mir.
Ich wollte eigentlich an meiner Zeichnung weiterarbeiten. Wird wohl nichts, dieses Wochenende.
Meine Lippen sind zerbissen, die Nägel abgekaut, die Ränder des Nagelbetts zerkratzt und aufgerissen.
Ich will so dringend weg. Darf es aber nicht. Darf nicht zulassen, dass es mich übermannt.
Ich muss Haltung bewahren, weil ich es kann. Es wäre sonst unfair denjenigen gegenüber, die die Möglichkeit dazu gar nicht haben. Oder ist es im Gegenteil der Grund, sich Hilfe zu suchen? Da andere es auch tun müssen, die mit viel Schlimmeren zu kämpfen haben? Aber wie, wie? Ich weiß nicht wie.
Ich werde ungesehen bleiben, das scheint der Teil des... 'Plans' zu sein.
Selbst wenn mir der Halt in einem unachtsamen Moment entgleitet, selbst wenn sich zufällig und plötzlich etwas von der Inneren Welt offenbart, bleibe ich unsichtbar. Sie sagen nicht viel dazu, oder es ist schnell wieder vergessen.
Meine Maske agiert selbstständig und besteht aus meterdicken Mauern. Sie schiebt sich vor, selbst wenn ich es wirklich nicht will. Die Tore schließen sich ohne mein Zutun.
Ich kann mir nach einem Familienfest betrunken die Lunge aus dem Hals schreien oder mich halb ins Koma saufen, weil ich mich so unbesiegbar fühle und mir mein Körper die Realität wieder hart und unbarmherzig ins Gesicht schlagen muss, sie müssen an dem Abend meine Narben gesehen haben, logischerweise.
Ich kann ihnen Geschichten geben, die beschreiben, was ich fühle, ich kann in einem überforderten Angstzustand die Kontrolle verlieren und mir vor meiner Familie ungewollt gegen den Kopf schlagen, kann mir das Gesicht aufkratzen, kann um einen Klinikaufenthalt bitten, der mir von meiner Mutter ausgeredet wird...
kurz, es kann so viel hindurchsickern, wie es will, wie es kann, doch wird es entweder nicht angesprochen oder bald schon neutralisiert. Es ist nicht ihre Schuld; Ich soll wohl unsichtbar bleiben. Vielleicht habe ich kein Recht, sofern man von Recht sprechen kann, all dies in mir zu tragen und darf es deswegen auch nicht sichtbar werden lassen. Ich kann ja noch nicht einmal richtig in Worte fassen, was sich in meinem Kopf abspielt, wie sich diese Zustände anfühlen. Sie sind zu groß, zu tief, heben sich selbst auf, weil sie Paradoxien in sich tragen und werden so zu einem schwarzen Loch.
Wie soll mich denn jemals irgendwer verstehen? Ich darf nicht verstanden werden.
Diese Einsicht frisst mich auf. Es fühlt sich an, als hätte man mich aufgerissen. Es tut weh.
Aber ich darf nichts sagen, nicht weinen, nicht jammern, nichts zeigen. Muss den Kopf hoch halten und als Konzept 'Mensch' funktionieren.
Ich sehe die Welt, doch ich weiß nichts von ihr und sie nichts von mir. Ich werde von ihr fortgetrieben, bin durch eine weit entfernte Glaswand von ihr getrennt.
Ich sehe tausende Menschengeschichten, die mir das Herz herausreißen.
//Sieh dir an, was andere durchleben müssen, du hast kein Recht, dich zu beschweren. Halt doch die Klappe. Sieh dich an, du bist erbärmlich. Beiß die Zähne zusammen. Du kannst es besser machen, wenn du es nur willst. Reiß dich zusammen.//
Ich mag das Konzept 'Mensch' nicht. Stelle dir irgendeine unfassbare Grausamkeit vor, die ein Mensch einem anderen antun könnte und du kannst dir sicher sein, irgendwo und irgendwann auf dieser Welt ist es auch so passiert, wurde es getan. Es nimmt mir den Atem, ich ertrage es kaum. Ich bin ein naives Kind, das in einen ekelerregenden und Gewalterfüllten Abgrund blickt und mit absolutem Entsetzen benebelt zurücktaumelt.
Die Schwärze greift nach mir und frisst sich absurderweise auch in mein Innerstes. Das Kind versinkt.
Ich will alles um mich her zerschmettern, ich will sie zerreißen, ich will, dass sie dafür bezahlen.
Ich will nicht, dass es existiert, ich will nichts mehr sehen, hören, fühlen.
Ich will mir Kehle und Lunge wundschreien, bis meine Stimme versagt.
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Ich sehe mich um und um und um. Ich weiß, dass es so viel Wunderbares gibt. Dass Menschen Fantastisches schaffen und auch auf herzerwärmende Weise fähig sind zu lieben. Wirklich zu lieben.
Ich weiß nur nicht... es stellt trotzdem kein Gleichgewicht her. Keinen Ausgleich, nicht hierfür.
Aber es bringt nichts, sich die Menschheit wegzuwünschen, sie ist nun einmal so da, wie sie ist. Und wir müssen das Beste daraus machen, wenn wir nicht an ihr ersticken wollen.
Doch kenne ich mich in der Welt nicht aus und habe in mir selbst vollkommen die Orientierung verloren.
Es ist unwirklich und seltsam und manchmal falle ich hintenüber durch meinen Kopf, ohne vorher den Anker auszufahren, auf eine veränderte und abstrakte Seite der Welt. Eine andere Welt.
Schreiend, kreischend, farbenwirbelnd, tobend, der Geruch eines Blitzes, das Gefühl eisiger Kälte an empfindlichen Zähnen, ein schriller Pfeifton, der sich als Decrescendo im Nichts verliert, bittere Dunkelheit, die sich wie Heimat anfühlt, Flammen in den Adern, eine unendliche Schönheit,
SIE, die mich immer ansehen, beobachtend, die Erinnerungen, die keine sind und doch an jeder meiner Fasern zerren. Ein Fall. Fließende Plastik- und Gummifarben. Ein fiebriger Geschmack. Salziges Blut. Seine Bilder, für mich sichtbar in die Welt projeziert. Er. Schlafend. Wartend. Lauernd.
Die gemeinsam abgestimmte Version der Realität ist so instabil. Manchmal höre ich sie gar nicht mehr.
Die Dinge in mir kommen nirgendwo her und führen ins Nichts. Sie haben keinen Zweck, sie sind nur da und nehmen mich an die Hand. Führen mich fort. Rufen nach mir.
Warum soll ich mich noch wehren? Wofür denn? Wieso sollte ich bleiben, wenn mich dieses Festklammern zerreißt.
Ich bin müde und will mich von den reißenden Fluten verschlucken lassen.
Auch mein Ertrinken wird unsichtbar bleiben.
Egal, wohin ich sehe, nirgendwo scheine ich hin zu gehören.
Ich will die Klingen holen. Vielleicht nicht heute.
Ich will in den Wald und nicht mehr herauskommen. Vielleicht auch nicht heute.
Ich hasse mich nicht, aber ich kann mich weder verstehen, noch etwas mit mir anfangen. Paralysiert in meinem Kopf drohe ich an mir selbst zu ersticken.
Es war gut diesen Blog zu eröffnen. Es lenkt mich von selbstzerstörerischen Handlungen ab, auch wenn ich weiß, dass es nur ein Hinauszögern ist. Aber auch das lohnt sich.
Ich hoffe, ihr wundervollen Menschen seit alle wohlauf.
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